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  • Das Märchen von Tinderella: Vergeben auf Tinder. Ein Selbstversuch.*

    Mädchen aus einfachen Verhältnissen heiratet trotz aller Widerstände schmucken Prinzen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute – bis dass der Tod sie scheidet.

    Für die meisten von uns sind solche Beziehungsmodelle Märchen. Die Realität meiner Mitmenschen um die 30 sieht völlig anders aus: Wenn’s normal läuft, stolpern wir von Date zu Date, küssen dabei viele glibbrige Frösche oder suchen für unser Minischühchen den passenden Käsefuß und erleben doch kein Happy End. Es sei denn, wir haben unseren Traumprinzen oder die Prinzessin schon gefunden und führen das, was scheinbar immer mehr aus der Mode kommt: Eine langjährige Beziehung.

    Mir geht es so: Bald seit 5 Jahren (in Worten fünf) in einer Beziehung, habe ich keine Ahnung mehr vom Singledasein. Für’s Dating-Karussell brauche ich keine Zehnerkarte mehr, muss mir keine Gedanken mehr darüber machen, wie ich dem anderen Geschlecht im Supermarkt begegne, kann mich vielleicht sogar ein kleines bisschen gehen lassen, weil ich ja weiß, dass mich jemand so lieb hat wie ich bin und verspüre nicht den Druck, irgendwo auf dieser Welt „diesen einen Menschen“ noch finden zu müssen.

    Trend zwecks mangelnder Bedürftigkeit verpennt

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    Szene einer 5 Jahre andauernden Beziehung (Serviervorschlag, © Tanja Wesel)

    Komfortable Situation. Meine Singlefreunde beneiden mich darum sicher hin und wieder. Ich wiederum habe sie um eine gewisser Erfahrung beneidet: Tinder. Denn immer, wenn mein Singleumfeld im Rudel zusammenkommt, wird über diese eine App gesprochen. Eigentlich wird natürlich über das Singledasein gesprochen, aber seit einiger Zeit scheint diese Daseinsform untrennbar mit dieser ominösen Dating-App verknüpft zu sein. Eigentlich ist diese App, die für meine Singlefreunde das wichtigste Gadget überhaupt zu sein scheint, für mich als „Beziehungstyp“ ja die überflüssigste App überhaupt. Eigentlich.

    Trotzdem ich bin ja sowas wie ein Netzbürger. Interessiere mich für Soziale Netzwerke, für Apps, für digitale Trends und als Journalist natürlich auch für alle Formen der Kommunikation. Und als mein Bruder wieder Single wurde und auch anfing über dieses Tinder zu sprechen, wollte ich’s endlich auch wissen.

    Tinder – Wie geht das überhaupt?

    Vielleicht muss man Tinder aber zuerst noch grob erklären. Vielleicht gibt es ja Menschen in Beziehungen, für die Tinder auch der eigentlich überflüssigste Service der Welt ist. Oder vielleicht liest meine Mutter das hier und fragt sich jetzt, was ihre Söhne da auf den Smartphones haben. Also: Tinder ist laut Eigenwerbung im Google Play Store

    „Ein neues Konzept, Leute in deiner Umgebung kennen zu lernen.“

    Unter der Hand gilt es bestenfalls als Dating-Service, schlimmstenfalls als Bumms-Börse. Eins ist es aber sicher: Oberflächlich und gleichzeitig unglaublich praktisch, weil effizient.

    Wer sich die App auf’s Smartphone lädt (am einfachsten bzw. schnellsten geht das, wenn man schon einen Facebook-Account hat – ohne geht aber auch) kann ein Bild und ein Kurzprofil von sich einstellen, seine Suchpräferenzen eingeben (= lieber Männlein oder Weiblein anzeigen lassen, Altersspanne von-bis und Suchumkreis in Kilometern festlegen) und los geht’s. Über GPS-Ortung (muss immer angeschaltet sein, um den Dienst nutzen zu können), werden einem Profile von Menschen angezeigt, die den Suchkriterien entsprechen und sich in der Nähe aufhalten. Ein Wisch übers Profil nach links heißt „kein Interesse“, ein Wisch nach rechts bedeutet will-ich-kennen-lernen. Miteinander chatten können zwei Menschen mit deckungsgleichen Suchkriterien erst, wenn sie sich beide mögen, also nach rechts gewischt haben. Das verhindert, dass man von Leuten angelabert wird, an denen man selber kein Interesse hat. Eigentlich ein echter Dating-Fortschritt!

    Tinder
    Leute? Ich mag Leute!

    Nun steht bei Tinder wie gesagt nirgendwo offiziell, dass es sich bei der App um ein Dating-Netzwerk handelt. „Leute in der Umgebung kennenlernen“ – dieses harmlose Versprechen habe ich als „Vergebener“ nun also zum Anlass genommen, einen fremden und für mich eigentlich unnötigen Webservice zu erkunden. Sobald die App installiert war, konnte es auch schon los gehen. Da ich mich über mein Facebook-Konto angemeldet hatte, war das Profil auch in Nullkommanix startklar. Also fing ich an, in bester hot-or-not-Manier „Menschen in meiner Umgebung“ zu bewerten. Wer mir äußerlich gefiel und/oder einen irgendwie netten oder interessanten Profiltext hatte bekam mein Wohlwollen. Der Rest wurde aussortiert. Und prompt schrieben mich auch schon die ersten „Menschen aus meiner Umgebung“ an. Das geht ja einfach.

    Gar nicht mal so unschuldig

    Interessanter Weise waren die natürlich alle weiblich und zwischen 20 und 40 Jahren alt – weil die App dies als Grundeinstellung für mich annahm. Mein naiver Versuch, die App als Leute-Kennenlerndienst und nicht als Dating-Service/Bumms-Börse anzusehen, erlitt Schiffbruch. Das musste ich erkennen, als die Mädels mich anschrieben und auf eine andere Art kennenlernen wollten. Ich hielt es nun für besser, sie über mein Experiment aufzuklären, worauf sie ihr Interesse an mir blitzartig verloren. Bis dahin hatte ich immerhin meinen oberflächlichen Wert auf dem Transfermarkt noch austesten können – das schreib ich mir mal auf die Haben-Seite. Als mich dann aber noch eine Single-Freundin offenbar überrascht bei Facebook anchattete und mich fragte, warum ich denn bei Tinder sei (sie hatte mich da gesehen und weiß, dass ich einer Beziehung bin), wusste ich sicher: 1. Tinder ist keine unschuldige App zum Leute kennenlernen, 2. besagte Single-Freundin versucht ihren Single-Zustand via Tinder zu überwinden.

    Ich änderte also meine Strategie, schrieb folgendes in mein Kurzprofil:

    Das ist also dieses Tinder da. Vergeben und hier aus rein humanitärem Interesse.

    Das Interesse der Damenwelt an mir sank daraufhin rapider als das Niveau im RTL-Dschungel. Auf einen Versuch, neue männliche Kumpels per Tinder kennen zu lernen, habe ich nach dieser Schlappe dann generös verzichtet.

     

    *Über diesen Selbstversuch wurde meine Freundin rechtzeitig informiert. Weder Tiere, noch Gefühle kamen dabei zu Schaden. Paartherapeuten oder Scheidungsanwälte wurden nicht behelligt.

  • Dann meld Dich doch ganz ab!

    Erst übernimmt Facebook WhatsApp, dann fällt WhatsApp stundenlang aus. Selten hat die Lieblings-SMS-Alternative der Deutschen die Newsfeeds der sozialen Netzwerde so verstopft wie in den letzten Tagen. Viele, wie auch ich, haben die Übernahme von WhatsApp durch Facebook dazu genutzt, sich noch einmal nach Messenger-Alternativen umzusehen.

    Meine Facebook-Freunde hat das in zwei Lager gespalten: Dem einen Lager wird beim Gedanken daran flau im Magen, dass eine Datenkrake (Facebook) eine andere mit lange bekannten und neuen Sicherheitslücken (WhatsApp) schluckt. Die andere gehört der „das ist doch alles Hysterie!“-Fraktion an.

    Auch wenn ich in meinem direkten „Freundeskreis“ bei Facebook nur von einer Person weiß, die in ihrer Timeline die Übernahme von WhatsApp durch Facebook beklagt und ihren Wechsel zur im Moment heiß diskutierten, vermeintlich sicheren WhatsApp-Alternative Threema verkündet hat, so macht sich bei vielen Facebook-Nutzern offenbar ein Gefühl der Belästigung durch die Konfrontation mit einer Tatsache breit. Und diese Tatsache heißt: WhatsApp-Kommunikation ist fürchterlich leicht durch Dritte auszuspähen.

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    Über 14.000 Mal geteilt: Ruthes Reaktion auf WhatsApp und Threema. (© Ralph Ruthe)

    Diesem diffusen Gefühl der Belästigung hat Cartoonist Ralph Ruthe mit einer Zeichnung Ausdruck verliehen, in der sich in einer Art Selbsthilfegruppe ein Teilnehmer eines Stuhlkreises dazu bekennt, WhatsApp gelöscht zu haben und zu Threema gewechselt zu sein. Alle anderen im Kreis verleitet das zu einem verbalen „HALT DIE FRESSE!!!“-Reflex. Der Cartoon ist bisher über 14.000 mal bei Facebook geteilt worden.

    In Technik-Blogs und auch in den sozialen Netzwerken beharken sich also die „Datenschutz-Hysteriker“ und die „faulen Konsumenten“. Ich bin mittlerweile durchaus der Meinung, dass es sich zumindest lohnt, die bekannten Sicherheitslöcher bei WhatsApp im Hinterkopf zu haben und sich zu fragen: Sind 30 Millionen aktive Nutzer in Deutschland wirklich das einzige Argument, einen Dienst zu nutzen der ein Einfalltor für potentielle Schnüffler ist?

    In der Diskussion haben sich zwei Argumente derer, die das von Ruthe verbildlichte Gefühl der Belästigung durch Überlegungen von mündigen Verbrauchern beklagen, besonders häufig wiederholt:

    1. Ich habe doch nichts zu verbergen!

    Dieses Reflex-Argument geht von der Annahme aus, dass die NSA oder sonst ein Geheimdienst sich nur für spezifische Verbrechensmuster wie „Terrorist baut Bombe“ interessiert und dass alle, die keine bombenbauenden Terroristen sind, daher nicht relevant für die Ermittlungsbehörden sind. Wer also keine Bombe plant oder baut, muss sich folglich über sein alltägliches Messenger-Geplänkel mit Freunden keinen Kopf machen.

    Das gleiche Reflex-Argument hat auch so gut wie immer zur Grundlage, dass derjenige der es anbringt, davon ausgeht, dass seine private Kommunikation tatsächlich nur für hochgerüstete Sicherheitsbehörden wie die NSA oder die CIA von Interesse ist. Ich habe tatsächlich mehr als einmal als Argument für den weiteren unkritischen Umgang mit WhatsApp Sätze wie „vor meinem Fenster sehe ich noch keine Ausspähwagen der NSA“ gelesen!

    Das „Ich habe doch nichts zu verbergen!“-Argument geht also insofern an der Realität vorbei, als dass seine Verfechter davon ausgehen, dass eine klar definierte Personengruppe im staatlichen Auftrag ein Interesse an ihnen haben könnte, sie sich aber strafrechtlich nichts vorzuwerfen haben und deshalb auf Privatsphäre in der Kommunikation sowieso von vornherein verzichten können.

    Dazu mal folgendes Beispiel: Auf einem Bahnsteig filmt eine Überwachungskamera. Sie zeichnet im staatlichen Auftrag Menschen auf und gehört der Bundespolizei. Sie ist dazu da, mögliche Straftaten festzuhalten und im Anschluss zu beweisen. Bei der Durchsicht der Bänder aus gegebenem Anlass fällt aber auch ein Betrunkener im Rahmen eines Junggesellenabschieds auf, der sich in irgendeiner Art selbst zum Ei macht. Dieses Video landet – wie und warum auch immer – im Internet. Die Persönlichkeitsrechte des gefilmten sind dahin. „Das Internet“ ist voll mit solchen Videos. Überzeugt euch selbst.

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    Hinweis auf Videoüberwachung. (© Wamito)

    Genauso könnte es mit schlecht bis gar nicht verschlüsselter WhatsApp-Kommunikation eines jeden geschehen. Privates landet „auf Servern in Amerika“, wird aus welchen Gründen auch immer von einer Person ausgelesen und bietet vielleicht Anlass, diese Daten weiterzureichen. Und diese Möglichkeit besteht bei WhatsApp in der Tat – und zwar ohne, dass eine Ermittlungsbehörde tätig werden, oder ein pickliger, sich von Pepsi und Pizza ernährender Computerhacker aus China es gezielt auf euch abgesehen haben muss. Denkt mal drüber nach. Überall da wo Menschen an Informationen herankommen, ist Missbrauch leider nicht auszuschließen. Siehe das oft als Technologie-Spukgespenst durch die Medien geprügelte „Sexting„.

    2. Dann meld Dich doch ganz ab!

    Dieses Reflex-Argument ist fester Bestandteil einer „ganz oder gar nicht“-Theorie, die sich ebenso wie das „Ich hab doch nichts zu verbergen!“-Argument aus einem Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber „der Technik“ speist. Es ist gefährlich, weil es in seiner Resignation übersieht, dass eine kritische und vor allem konstruktive Auseinandersetzung mit der Datenschutzfrage für jeden ganz individuell möglich ist.

    Dem „Dann meld Dich doch ganz ab!“-Argument wohnt wieder die Annahme inne, dass man sich im Netz ja eh im rechtsfreien Raum bewegt und daher sowieso alle Privatheit von vornherein aufgehoben ist. Wem diese „Spielregeln“ nicht geheuer sind, der muss halt auf gewisse Programme, Netzwerke oder Apps oder gar gleich das gesamte Netz verzichten.

    Wenn es konkret um WhatsApp geht, wird von Verfechtern dieses Reflex-Arguments oft auf den scheinbaren Widerspruch hingewiesen, dass Menschen, die WhatsApp nicht mehr nutzen wollen, dies ausgerechnet bei Facebook verkünden und ihren Account hier nicht aufgeben wollen. Dabei ist der Zuckerberg mit seinem Facebook doch die viel schlimmere Datenkrake!

    Da ich diese letzte Ausprägung des „Dann meld Dich doch ganz ab!“ öfter sehe, möchte ich hierauf auch noch einmal kurz eingehen: Leute! Auch wenn WhatsApp jetzt zu Facebook gehört, so besteht doch (noch) ein gewisser, entscheidender Unterschied. Wer bei Facebook angemeldet ist, kennt heutzutage die Spielregeln: Er nutzt nämlich gratis ein soziales Netzwerk mit vielen Millionen Mitgliedern zum Preis von eingeblendeter, personalisierter Werbung. Er weiß also, dass der Erfolg des genutzten Angebots sich aus den eigenen preisgegebenen Daten speist und dass seine Daten hier nicht unbedingt vertraulich behandelt werden.

    Doch wie war das mit WhatsApp? Hier zahlt der Nutzer einmalig Geld für eine Dienstleistung, die man als SMS 2.0 bezeichnen kann. Keine Werbung, kaum persönliche Daten über Name und Telefonnummer hinaus, die das Programm vom Nutzer wissen möchte. Viele wähnen sich also hier in relativer Sicherheit, denn SMS konnte ja früher auch keiner mitlesen. Einen als Firmenstrategie offensiv verkauften Handel mit den persönlichen Daten des Nutzers gibt es bei WhatsApp nicht.

    Kurz gesagt: Bei Facebook kaufe ich mit meinen persönlichen Daten ein durchaus ansprechendes Netzwerkangebot. Bei WhatsApp zahle ich „Eintritt“ und gebe dazu auch noch die Kontrolle über meine Privatsphäre ab.

    Was ich persönlich aus der Debatte gelernt habe:

    Ich bin kein Datenschutz-Hysteriker. Ich sehe nicht hinter jedem Pixel eine Gefahr für Leib und Seele. Was ich aber nicht verstehe: Warum fällt es vielen im Netz eigentlich mittlerweile so schwer von einem generellen Gut der Privatsphäre auszugehen? Von einem prinzipiellen Recht auf vertrauliche Kommunikation zwischen zwei Personen?

    Wie konnte es überhaupt zu dem „Ich habe doch nichts zu verbergen!“-Argument kommen, welches genau wie das „Dann meld Dich doch ganz ab!“-Argument ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass ebendiese vertrauliche Kommunikation heute ja eh schon nicht mehr möglich ist?

    User sollten vielleicht darüber nachdenken, dass es nicht um eine konkrete Bedrohung durch Hacker, NSA oder sonst wen geht, sondern um das generelle Recht auf sichere Kommunikation.

    Ich persönlich bin übrigens noch bei WhatsApp. Aber eben auch bei Threema. Noch lullt mich die eigene Bequemlichkeit ein. Noch verleiten mich die vielen aktiven Nutzer, mich vorerst nicht gänzlich von WhatsApp zu verabschieden. Noch.

  • EinsPunktNull

    Selbstversuche einen Tag, ein paar Tage, eine Woche, ein paar Monate oder eine unbestimmte Zeit ohne Internet, Handy oder ohne Internet auf dem Handy zu überleben gibt es viele. Wir Journalisten tun das, wenn uns langweilig ist, Sommerloch herrscht oder wir uns digital selbst geißeln wollen, in dem wir online über unsere online-Abstinenz berichten.

    Ich selber würde nie freiwillig auf das Internet verzichten wollen. Warum auch? Hier gibt’s ja schließlich alles: Über drei Milliarden google-Treffer in 17 Hundertstelsekunden zum Suchbegriff „Sex„, nen Südkoreaner der sich kein Pferd leisten kann und viele, viele, wirklich viele süße Katzenbabies.

    Trotzdem bin ich grad sozusagen offline. Also nicht in diesem Moment, da sitz ich schließlich vor nem Klapprechner und futter gebrannte Mandeln und tippe diesen Satz hier ein. Nein: Ich habe im Moment kein Smartphone, bin also sozusagen offline 2 go.

    Wie es dazu kam, ist schnell erzählt: Mein Samsung Galaxy SII besaß die Freundlichkeit kurz vor Ablauf seiner zweijährigen Gewährleistung  seinen Geist aufzugeben (an dieser Stelle mal fette Props an die sonst so oft gescholtenen Homies von der EU!). Das US-amerikanische E-Commerce-Versandhaus amazon.de erstattete mir nach zwei erfolglosen Reparaturversuchen seinerseits den Originalkaufpreis von ca. 540 Euro zurück – was ein feiner Zug ist, wenn man bedenkt, dass das gleiche Gerät aktuell bei amazon für rund 340 Euro zu haben ist.

    Da ich aber als Pre Paid-Nutzer und notorischer Handyvertrag-Verweigerer noch darauf warte, dass das LTE-fähige Nachfolgemodell zu amazon kommt (man will ja schließlich im Falle eines Falles die gleiche bequeme Gewährleistungsabwicklung in Anspruch nehmen), obwohl es noch gar keine LTE-Option für Pre Paid-Kunden gibt, renne ich grade mit einem Telefon der Pre-Smartphoneära herum: Dem fabelhaften Samsung Jet S8000.

    Dieses Telefon stammt aus einer Zeit, in der das iPhone seine unangefochtene Spitzenposition im Smartphone-Markt noch behaupten konnte, in der Samsung sich noch recht unbeholfen ans Smartphonesegment rantastete und Apple es noch nicht nötig hatte aus Innovationsmangel mit Patentklagen um sich zu werfen.

    Dass Samsung auch schon damals zweifelsfrei vom iPhone geklaut hat steht außer Frage – nur ging bei Apple wegen des Jet8000 noch keinem die Muffe – weil es eben ein grotten schlechtes Smartphone war.

    So sah das Internet 2009 aus. Im Hintergrund: Lecker gebrannte Mandeln von 2012.

    Und genau das ist aktuell mein Problem: Ich laufe mit einem Telefon herum, das zwar die Grundbedingungen eines Mobilgeräts erfüllt (telefonieren und SMS schicken), welches aber beispielsweise einen Touchscreen hat, der nicht auf Hautkontakt, sondern auf energischen Druck, am besten mit dem Fingernagel, reagiert. Mein aktuelles Telefon gehört außerdem noch zu den Samsung-Modellen, die nicht auf Android, sondern auf irgendeine Softwareeigenentwicklung gesetzt haben und sich als Sackbahnhof der Handyevolution herausstellen sollten. Außerdem stammt das Gerät noch aus einer Zeit in der Handies – im Gegensatz zu heute – klein und schick sein wollten – was deutlich auf Kosten der Bedienbarkeit geht. Große, berührungsempfindliche Displays sind zum Schreiben mit virtuellen Tastaturen eben doch besser geeignet als winzige Telefone, in die man versehentlich beim Scrollen mit dem Daumennagel Kratzer hineinpresst.

    Aber das war erst mal nur die technische Seite des „kein Smartphone“-Problems. Es gibt allerdings auch die praktischen, alltäglichen, sozialen Probleme mit einem Nicht-Smartphone: Als Arbeitsgerät ist mein Handy zum Beispiel nicht zu gebrauchen. Ich kann weder vernünftige Bilder machen und diese auch nicht vernünftig in die Redaktion mailen, wenn ich als Reporter draußen bin.  Sendefähige Aufsager mit dem Telefon sind nicht möglich, ebenso wenig eine vernünftige Navigation durch die Straßen der Republik.

    Was ich darüber hinaus noch festgestellt habe: Mir fehlt zwar unterwegs der Komfort mal eben schnell in der Bahn-App nach einer Verbindung zu suchen, mich mit Google Maps durch die Straßen führen zu lassen oder der Nervenkitzel, eine unzureichend sicherheitsverschlüsselte WhatsApp zu schreiben. Es ist beschämender Weise aber viel eher die facebook-Abstinenz, die mich anfangs nervös gemacht hat. Wenn am Tisch alle ihre Handies auspacken und sicher wichtige Dinge tun, sitze ich daneben und frage mich still, ob ich wohl bei facebook was verpasse. Lustige Handyfotos in Soziale Netzwerke zu stellen – darauf muss ich jetzt auch verzichten, wie gemein. Tatsächlich erwische ich mich manchmal dabei, wie ich das iPhone meiner Freundin mopse, um mal kurz bei facebook reinzuschauen.

    Ich hoffe also, dass amazon bald das von mir gewünscht Smartphone anbietet, damit meine Forschungsreise zurück zu den Menschen des Jahres 2009, die sich kein iPhone leisten konnten, beendet werden kann. Bis dahin freue ich mich aber noch darüber, dass mein Akku mit einer Aufladung eine ganze Woche übersteht.