Ich bin mein Vater!

Eine der bekanntesten Filmszenen der Kinogeschichte: Luke Skywalker und Darth Vader liefern sich im Reaktorschacht der Wolkenstadt Bespin in „Das Imperium schlägt zurück“ ihr berühmtes Laserschwert-Duell. Vader ist Luke deutlich überlegen, drängt ihn über einem tiefen Abgrund in die Enge und schlägt ihm chirurgisch sauber und verblüffend unblutig (FSK 12!) die Schwerthand ab. Es kommt zum seither oft zitierten „Ich bin Dein Vater!“-Dialog, an dessen Ende Luke sich nach einem verzweifelten „Neeeeeeeein! Nein!“ in die schier endlose Tiefe stürzt und diesen Sturz auch noch wie durch ein Wunder überlebt.

Das ist auch nötig, damit die beiden sich in „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“, dem großen Finale der Star Wars-Saga, erneut gegenüberstehen können und am Ende das Gute über das Böse siegen kann, was in etwa so aussieht:
Diesmal ist es Luke der Vader überlegen ist, seinem Vater die mechanische Schwerthand abschlägt und den Kampf mit ihm erst aufgibt, als er seine eigene Handprothese betrachtet und erkennt, dass er auf dem besten Wege ist, so zu werden wie sein alter Herr.

Was uns der weise George Lucas damit sagen wollte, ist: Der Apfel fällt nicht weit vom Pferd, wir können nicht aus unserer Haut und dem Fluch unserer Gene nicht entfliehen. Kurz: Ob wir wollen oder nicht – wir werden am Ende alle wie unsere Eltern, respektive: unsere Väter.

Wattwürmer
Während Papa schon feiert, warten mein Bruder und ich ganz offensichtlich noch auf den Champagner und die Grid Girls.

Interessanter Weise erkennt man das aber erst, wenn der eigene Vater nicht mehr ist. Zumindest ging mir das so. Klar: Dass ich die Macksche-Nase von ihm geerbt habe, war mir auch schon bewusst, bevor er vor mittlerweile vier Jahren gestorben war. Trotzdem entdecke ich erst jetzt, wo er nicht mehr da ist, wie viel von meinem Alten tatsächlich in mir steckt.

Da wäre zum Beispiel die Sache mit den Klebern. Ja, richtig: Kleber. Mein Vater war offensichtlich fest davon überzeugt, dass es für alles im Leben eine Lösung gibt und dass sich deshalb auch alle der Wissenschaft bis dato bekannten Elemente irgendwie wieder zusammenkleben lassen, wenn sie mal auseinanderbrechen. Stummer Zeuge dieser Überzeugung ist die Klebstoff-Box, die seit Jahrzehnten im väterlichen Bastelkeller meines Elternhauses befindlich war und die nun entlarvender Weise ihren Platz im Abstellkämmerlein meiner Wohnung gefunden hat. In dieser Box findet sich der passende Klebstoff für alle möglichen und auch unmöglichen Baustoffe: Holz, Plastik, Metall, Leder, Schaum- und Kunststoffe aller Art oder Glas – vermutlich ist da auch irgendwo ein Kleber, der gespaltene Atome wieder zusammenfügt und auch Oasis wieder zusammen bringen könnte.

Früher von mir eher belächelt habe ich nun meinerseits Freude an dieser Klebstoff-Sammlung entwickelt. Spätestens seitdem im Badezimmerschränkchen ein Scharnier ausgebrochen war und ich die klaffende Wunde in der Schranktür virtuos mit einer Zwei-Komponenten-Lösung ausbessern konnte, war mir klar: Papa war ein weiser Mann. Papa hatte recht mit seiner ganzheitlichen, auf Klebstoff begründeten Lebensphilosophie!

Helmtiger
Damals hielten sich die Ähnlichkeiten – bis auf den Helm – noch in Grenzen.

Meine mechanische Schwerthandprothese ist allerdings nicht der Kleber, sondern Sägen, verschiedene Bohrköpfe oder Wasserwaagen mit Laserpointern. Wenn ich heute durch einen Baumarkt schlendere, ertappe ich mich nämlich oft genug dabei, wie ich voller Bewunderung verschiedene Werkzeuge daraufhin überprüfe, ob ich sie gebrauchen kann, was ich – falls die Antwort hierauf „nein“ lauten sollte – trotzdem mit ihnen anstellen könnte und wie sie sich in meiner Werkzeugkiste machen würden.

Eine weiter Sammelleidenschaft meines Vaters neben den Klebstoffen waren nämlich Werkzeuge: Da gab es alles in mindestens dreifacher Ausführung, denn Platz genug war im Keller ja da. Wo andere sich im Baumarkt eine Gehrungssäge geliehen haben, war er quasi selbst der Baumarkt, der alles da hatte – auch wenn er es nur einmal im Leben brauchen sollte (was aber meines Wissens auf kein Werkzeug in seinem Fundus tatsächlich zutraf).

Auch die alten Witze und albernen Zoten Karl Valentin’scher Prägung, mit denen mein alter Herr Gäste gerne erfreute, damit seiner Familie aber gleichzeitig leicht auf den Nerv fiel, weil wir diese Sprüche schon auswendig kannten und mitsprechen konnten, brechen an geeigneter und völlig ungeeigneter Stelle in meinem Kopf hervor – meist kann ich mir aber gerade noch so verkneifen, die alten Sprüche meines Vater, die er vermutlich schon vom Großvater geerbt hat, aufzuwärmen. Noch.

Denn mittlerweile habe ich eins erkannt: Ewiges Leben ist möglich! Mein Vater lebt. Durch seine Gene. In mir. Ich selbst bin gespannt, wie viel ähnlicher ich ihm noch werden werde.

Ich bin mein Vater, Luke!


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