Kategorie: Technik

  • Top 10: TV-Serien-Intros

    Top 10: TV-Serien-Intros

    Weil lieblos zusammengeschusterte Top 10-Listen in Kombination mit reißerischen clickbait-Antexten in sozialen Netzwerken („Nummer 7 hat mich echt überrascht!!1!“) grade eh beim dummen Klickvieh Leser besser ankommen als aufwändig recherchierter Faktenjournalismus („Lü-gen-presse! Lü-gen-presse!“) und ich sowieso dauernd vor der Glotze hänge, sagte mir meine innere Stimme eines Tage: „Mach was draus!“

    Und hier ist sie, meine Top 10 Liste der besten Intros aktueller Serienhits von Netflix, Amazon und Co!

    Einzige Kriterien für mein Ranking: Serie nicht älter als von 2010 und – ganz wichtig – sowohl Intro als auch Serie müssen mir gefallen haben. Voilà!

    (Die Reihenfolge des Rankings stellt nicht notwenigerweise eine Wertung dar.)

    Ach, und einfach weil ich’s kann: Es sind 13. Serien-Intros.

    Aber „Top 10“ klingt halt geiler. Clickbait und so. Reingefallen, ätsch!

    Und los geht’s!

    01. The Walking Dead

    Was genau? Titelsong von „The Walking Dead“ (AMC, 7 Staffeln, Start: 2010), komponiert von Bear McCreary

    Warum es so cool ist: Dieses Intro versetzt einen von der ersten Sekunde in innerliche Unruhe. Die Streicher scheinen förmlich zu rufen: „Achtung, Zombies! Überall!“. Das Ganze schwillt so lange bedrohlich an, bis der Höhepunkt erreicht ist. Klingt schlüpfig, ist aber so. Dazu noch die gruseligen Bilder von Verfall und Vergänglichkeit – willkommen in der Zombie-Apokalypse, ihre Bestellung bitte!

    Komponist Bear McCreary hat übrigens auch den Titelson zu „Outlander“ geschrieben.

    02. Game of Thrones

    Was genau? Tietelsong von „Game of Thrones“ (HBO, 6 Staffeln, Start: 2011), komponiert von Ramin Djawadi

    Warum es so cool ist: Ähnlich wie beim Intro von „The Walking Dead“ ist das GoT-Intro einer jener Vorspanne, die Fans sofort lossabbern lassen. Das Junkie-Hirn schreit: „Gib, gib, gib!“ und merkt gar nicht, dass es jetzt erst mal über eine Minute dreißig mit einem animierten Flug über die sieben Königslande hingehalten wird, der – wenn man ehrlich ist – ein wenig an eines jener Flugsimulator-Fahrgeschäfte aus einem 90er-Jahre Freizeitpark erinnert. Egal! Die pumpenden Geigen und Cellos, die Bläser und die wummernden Pauken machen Bock auf ein Fantasyabenteuer mit Rittern, Drachen und nackten Ärschen. Her damit!

    Der Komponist des Intros wurde übrigens in Duisburg geboren, wurde von Hans Zimmer gefördert und ist u.a. für die Teitelmelodien zu „Prison Break“, „Westworld“ und „Iron Man“ verantwortlich gewesen.

    03. BoJack Horseman

    Was genau? Titelsong von „BoJack Horseman“ (Netflix, 3 Staffeln, Start: 2014), komponiert von Patrick und Ralph Carney

    Warum es so cool ist: Ungelogen: Eins meiner Lieblingsintros. Die ersten ca. 20 Sekunden irritieren durch einen seltsamen Synthesizer-Brei, der gerade noch in dem Maße ertragbar ist, dass man neugierig dranbleibt, um dann endlich (!) durch eine volle Breitseite Saxophon-Power das Pony geföhnt zu bekommen. Ganz ehrlich: Die Saxophone machen’s aus. Dazu die interessante Kameraperpektive, die immer auf dem Hauptdarsteller, dem herrlich miesepetrig-abgehalfterten Fernseh(zirkus)pferd BoJack Horseman bleibt. Als der am Introende in den Pool fällt, kommt sogar ein kurzer James Bond-Moment auf und das einsame Sax am Ende erinnert ein wenig an das Ausklingen des Intros einer anderen großen noch größeren Animationsserie: Das der Simpsons.

    Einer der Komponisten des Intros, Patrick Carney, ist ürbigens Drummer bei The Black Keys.

    Ach, und wenn wir schon über das BoJack-Intro sprechen, müssen wir auch über das herrlich blödelige Outro von Grouplove sprechen, das es am Ende der meisten Folgen zu sehen gibt. Ob man will oder nicht: Das Ding geht (genau wie das Intro) ins Ohr.

    04. Better Call Saul

    Was genau? Titelsong von „Better Call Saul“ (AMC, 2 Staffeln, Start: 2015), komponiert von Dave Porter, gespielt von der Band „Little Barrie“

    Warum es so cool ist: „Waaaas? Er nimmt das Intro von Better Call Saul in seine Liste und lässt das von Breaking Bad raus – WTF!?“ Ja, tut er. Ich weiß auch nicht: Die 5 Sekunden, die bei Breaking Bad als Intro durchgehen sind wirklich cool und auch sie machen Bock auf die Serie. Aber ich ziehe diesen ca. 5 Sekunden die ca. 13 Sekunden von Better Call Saul vor. Warum? Weil nichts so sehr meinen Drang nach Vollständigkeit abfuckt wie die fehlende Sekunde des bluesigen Gitarrengeplänkels ganz am Ende. Schocker!

    05. Stranger Things

    Was genau? Titelsong von „Stanger Things“ (Netflix, 1 Staffel, Start: 2016), komponiert von Michael Stein und Kyle Dixon

    Warum es so cool ist: Ganz ehrlich: Ich liebe dieses Intro. Es fängt (genau wie die ganze Serie) perfekt dieses 80er Jahre-Feeling ein. Glaubt mir, ich wurde in den 80ern geboren und habe lange mit einem Computer (C64) aus den 80ern gearbeitet gespielt. Das Stranger Things-Intro fühlt sich so an wie 5 Minuten Warten, bis „Gianna Sisters“ geladen ist: Toll! Diese blubbernden Synthies, diese zurückgenomme Optik. Nur Neonschrift. Dieses E.T.-nach-Hause-telefonieren-Gefühl, konnte vorher nur der Film „Super 8“ zurückbringen – bis Stanger Things um die Ecke kam. Außerdem ist schon das Intro so geheimnisvoll und stilvoll gruselig wie die ganze Serie.

    06. True Detective (Erste Staffel)

    Was genau? „Far from Any Road“ von The Handsome Family, Titelsong von „True Detective“ (HBO, 2 Staffeln, Start: 2014)

    Warum es so cool ist: Guckts euch an. Es ist einfach cool. Punkt. Um es etwas genauer zu sagen: Das Intro von True Detectiv ist ein Kunstwerk. Der Komponist des Songs hat auch schon für Größen wie B.B. King, Willie Nelson, Elton John oder Elvis Costello porudziert. Der Titelsong der Alternative Country-Band „The Handsome Family“, die optische Umsetzung des Intros und die einzelnen Folgen sind einfach viel lässiger als ihre Entsprechungen von Staffel zwei der Serie. Guckt man das Intro zum ersten mal, weiß man sofort: Hier gibt’s gleich menschliche Abgründe zu sehen. Und ähnlich wie bei GoT vergehen die Einsdreißig wie im Flug. Gran-di-os.

    07. Masters of Sex

    Was genau?  Titelsong von „Masters of Sex“ (Showtime, 4 Staffeln, Start: 2013), komponiert von Michael Penn

    Warum es so cool ist: Weil es ums Bummsen geht. So einfach. Das Intro von Master of Sex ist quasi die konsequente Fortführung der „Stellvertretung-für Sex-Szenen“ aus dem Kultfilm „Die Nakte Kanone 2 ½“. Das Ganze als ungezogener Tango – zwinker, zwinker! Komponist Michael Penn ist übrigens ein Bruder von Schauspieler Sean Penn.

    08. Luke Cage

    Was genau? Titelsong von „Luke Cage“ (Netflix, 1 Staffel, Start: 2016), komponiert von Adrian Younge und Ali Shaheed Muhammad

    Warum es so cool ist: Weil es so schwarz ist. Ja genau: Es bringt dieses Feeling des 70er-Jahre-Blaxploitation-Kinos, in dem Afroamerikaner erstmals als selbstbewußt und cool dargestellt wurden, zurück und lässt einen an Isaac Hayes und Shaft denken. Es hat aber auch diesen 90er-Jahre-Hip-Hop-Vibe, was kein Wiederspruch ist, denn in den 90ern wurde im Hip Hop gerne Soul aus den 70ern gesampelt, und: Einer der beiden Komponisten des Luke Cage-Intros (Shaheed Muhammad) ist zufälliger Weise ein Mitglied der Kult-Rapgruppe „A Tribe Called Quest“. Na wenn das mal nicht geil ist… Das Intro passt einfach wie Arsch auf Eimer und hat mindestens genau so viel Punch wie der Serienprotagonist.

    09. House of Cards

    Was genau? Titelsong von „House of Cards“ (Netflix, 4 Staffeln, Start: 2013), komponiert von Jeff Beal

    Warum es so cool ist: Weil es eine treibende, wummernde Bassline, Streicher, fette Bläser und gegen Ende sogar eine (gefühlt) fette Walküre auffährt. Das volle Programm also. Dazu optisch dieses time lapse-Meisterwerk, das den hektisch-wuselnden Politikbetrieb Washingtons greifbar macht, in dem Korruption, Affären und dunkle Machenschaften bestimmt an der Tagesordnung sind, glaub ich sofort! Schön und abgründig zugleich. Jeff Beal soll die 17 Streicher des Intros übrigens in seinem Wohnzimmer selbst eingespielt haben, so will es die Legende.

    10. Modern Family

    Was genau? Titelsong von „Modern Familiy“ (ABC, 8 Staffeln, Seit: 2009), komponiert von Gabriel Mann

    Warum es so cool ist: Weil’s einfach gute Laune macht. Bei meiner Intro-Auswahl hier fällt mir grade wieder auf, dass ich gerne abgründige, eher düstere Serien schaue. Modern Family ist da die erfrischend-fröhliche Ausnahme. Das Intro ist kurz, knackig, geht voll auf die Zwölf und bereitet einen auf eine intelligente, schnelle und witzige Comedy vor. Man ist fast geneigt zu sagen, dass Intro und Serie echt „Pepp“ haben. Aber „Pepp“ sagt ja heute keiner mehr…

    11. Narcos

    Was genau? „Tuyo“ von Rodrigo Amarante (produziert von Pedro Bromfman), Titelsong von „Narcos“ (Netflix, 2 Staffeln, Start: 2015)

    Warum es so cool ist:  Der Bolero-Song an sich reißt erst mal keinen aus dem Sitz (zumindest wenn man kein Spanisch versteht). In Kombination mit den Originalfotos und -filmszenen, dazu schöne Frauen, Geld, Drogen, Mord und Totschlag, stimmt die Nummer aber wunderbar auf eine ebenso großartige und abgründige Serie ein. Die Serie Narcos ist keine leichte Kost. Das sagt schon ihr Intro, das einen hypnotisch umschlängelt und in den Drogensumpf zieht. Rodrigo Amarante hat übrigens mit dem Drummer von „The Strokes“ zusammen ne Band. Wisst ihr Bescheid.

    12. The Musketeers

    Was genau? “ Titelsong von „The Musketeers“ (BBC, 3 Staffeln, Start: 2014), komponiert von Murray Gold

    Warum es so cool ist: Was? Die drölfunddreißigste Umsetzung des Musketier-Stoffs? Braucht das wer? Echt jetzt? Nö. Braucht keiner. Die Serie macht aber trotzdem irgendwie Spaß, auch wenn sie bei weitem nicht die Klasse von GoT, House of Cards oder The Walking Dead hat. Aber zum Intro: Das haut einem direkt mal flott angeschlagene Gitarren und ne Geige oder zwei über den Schädel und geht steil nach vorne. Das ein oder andere „Hey!“ zwischendurch tut aber auch nicht weh. Das riecht nach Abenteuer und Wirtshausrauferei. Der Komponist ist ürbigens auch für die musikalische Untermalung der Neuauflage von „Doctor Who“ verantwortlich. Guter Mann also.

    13. Transparent

    Was genau? “ Titelsong von „Transparent“ (Amazon Studios, 3 Staffeln, Start: 2014), komponiert von Dustin O’Halloran

    Warum es so cool ist: Weil es keine Böller wirft, „hier bin ich!“ schreit oder sonst wie auf die Kacke haut. Das kleine, unaufdringliche Pianostück von O’Halloran, der übrigens in Berlin lebt und neben Filmmusik auch schon seine Kompositionen an Audi oder IKEA verhökert hat, plätscher unaufgeregt dahin und untermalt prima die Super 8-Familienfeier-Optik des Intros. Das Ganze steht dann natürlich im krassen Gegensatz zu den unruhigen Irrungen und Wirrungen im (Sexual-)Leben der Serienfamilie. Grandios.

    (Vorschaubild: © Netflix)

  • Das Märchen von Tinderella: Vergeben auf Tinder. Ein Selbstversuch.*

    Mädchen aus einfachen Verhältnissen heiratet trotz aller Widerstände schmucken Prinzen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute – bis dass der Tod sie scheidet.

    Für die meisten von uns sind solche Beziehungsmodelle Märchen. Die Realität meiner Mitmenschen um die 30 sieht völlig anders aus: Wenn’s normal läuft, stolpern wir von Date zu Date, küssen dabei viele glibbrige Frösche oder suchen für unser Minischühchen den passenden Käsefuß und erleben doch kein Happy End. Es sei denn, wir haben unseren Traumprinzen oder die Prinzessin schon gefunden und führen das, was scheinbar immer mehr aus der Mode kommt: Eine langjährige Beziehung.

    Mir geht es so: Bald seit 5 Jahren (in Worten fünf) in einer Beziehung, habe ich keine Ahnung mehr vom Singledasein. Für’s Dating-Karussell brauche ich keine Zehnerkarte mehr, muss mir keine Gedanken mehr darüber machen, wie ich dem anderen Geschlecht im Supermarkt begegne, kann mich vielleicht sogar ein kleines bisschen gehen lassen, weil ich ja weiß, dass mich jemand so lieb hat wie ich bin und verspüre nicht den Druck, irgendwo auf dieser Welt „diesen einen Menschen“ noch finden zu müssen.

    Trend zwecks mangelnder Bedürftigkeit verpennt

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    Szene einer 5 Jahre andauernden Beziehung (Serviervorschlag, © Tanja Wesel)

    Komfortable Situation. Meine Singlefreunde beneiden mich darum sicher hin und wieder. Ich wiederum habe sie um eine gewisser Erfahrung beneidet: Tinder. Denn immer, wenn mein Singleumfeld im Rudel zusammenkommt, wird über diese eine App gesprochen. Eigentlich wird natürlich über das Singledasein gesprochen, aber seit einiger Zeit scheint diese Daseinsform untrennbar mit dieser ominösen Dating-App verknüpft zu sein. Eigentlich ist diese App, die für meine Singlefreunde das wichtigste Gadget überhaupt zu sein scheint, für mich als „Beziehungstyp“ ja die überflüssigste App überhaupt. Eigentlich.

    Trotzdem ich bin ja sowas wie ein Netzbürger. Interessiere mich für Soziale Netzwerke, für Apps, für digitale Trends und als Journalist natürlich auch für alle Formen der Kommunikation. Und als mein Bruder wieder Single wurde und auch anfing über dieses Tinder zu sprechen, wollte ich’s endlich auch wissen.

    Tinder – Wie geht das überhaupt?

    Vielleicht muss man Tinder aber zuerst noch grob erklären. Vielleicht gibt es ja Menschen in Beziehungen, für die Tinder auch der eigentlich überflüssigste Service der Welt ist. Oder vielleicht liest meine Mutter das hier und fragt sich jetzt, was ihre Söhne da auf den Smartphones haben. Also: Tinder ist laut Eigenwerbung im Google Play Store

    „Ein neues Konzept, Leute in deiner Umgebung kennen zu lernen.“

    Unter der Hand gilt es bestenfalls als Dating-Service, schlimmstenfalls als Bumms-Börse. Eins ist es aber sicher: Oberflächlich und gleichzeitig unglaublich praktisch, weil effizient.

    Wer sich die App auf’s Smartphone lädt (am einfachsten bzw. schnellsten geht das, wenn man schon einen Facebook-Account hat – ohne geht aber auch) kann ein Bild und ein Kurzprofil von sich einstellen, seine Suchpräferenzen eingeben (= lieber Männlein oder Weiblein anzeigen lassen, Altersspanne von-bis und Suchumkreis in Kilometern festlegen) und los geht’s. Über GPS-Ortung (muss immer angeschaltet sein, um den Dienst nutzen zu können), werden einem Profile von Menschen angezeigt, die den Suchkriterien entsprechen und sich in der Nähe aufhalten. Ein Wisch übers Profil nach links heißt „kein Interesse“, ein Wisch nach rechts bedeutet will-ich-kennen-lernen. Miteinander chatten können zwei Menschen mit deckungsgleichen Suchkriterien erst, wenn sie sich beide mögen, also nach rechts gewischt haben. Das verhindert, dass man von Leuten angelabert wird, an denen man selber kein Interesse hat. Eigentlich ein echter Dating-Fortschritt!

    Tinder
    Leute? Ich mag Leute!

    Nun steht bei Tinder wie gesagt nirgendwo offiziell, dass es sich bei der App um ein Dating-Netzwerk handelt. „Leute in der Umgebung kennenlernen“ – dieses harmlose Versprechen habe ich als „Vergebener“ nun also zum Anlass genommen, einen fremden und für mich eigentlich unnötigen Webservice zu erkunden. Sobald die App installiert war, konnte es auch schon los gehen. Da ich mich über mein Facebook-Konto angemeldet hatte, war das Profil auch in Nullkommanix startklar. Also fing ich an, in bester hot-or-not-Manier „Menschen in meiner Umgebung“ zu bewerten. Wer mir äußerlich gefiel und/oder einen irgendwie netten oder interessanten Profiltext hatte bekam mein Wohlwollen. Der Rest wurde aussortiert. Und prompt schrieben mich auch schon die ersten „Menschen aus meiner Umgebung“ an. Das geht ja einfach.

    Gar nicht mal so unschuldig

    Interessanter Weise waren die natürlich alle weiblich und zwischen 20 und 40 Jahren alt – weil die App dies als Grundeinstellung für mich annahm. Mein naiver Versuch, die App als Leute-Kennenlerndienst und nicht als Dating-Service/Bumms-Börse anzusehen, erlitt Schiffbruch. Das musste ich erkennen, als die Mädels mich anschrieben und auf eine andere Art kennenlernen wollten. Ich hielt es nun für besser, sie über mein Experiment aufzuklären, worauf sie ihr Interesse an mir blitzartig verloren. Bis dahin hatte ich immerhin meinen oberflächlichen Wert auf dem Transfermarkt noch austesten können – das schreib ich mir mal auf die Haben-Seite. Als mich dann aber noch eine Single-Freundin offenbar überrascht bei Facebook anchattete und mich fragte, warum ich denn bei Tinder sei (sie hatte mich da gesehen und weiß, dass ich einer Beziehung bin), wusste ich sicher: 1. Tinder ist keine unschuldige App zum Leute kennenlernen, 2. besagte Single-Freundin versucht ihren Single-Zustand via Tinder zu überwinden.

    Ich änderte also meine Strategie, schrieb folgendes in mein Kurzprofil:

    Das ist also dieses Tinder da. Vergeben und hier aus rein humanitärem Interesse.

    Das Interesse der Damenwelt an mir sank daraufhin rapider als das Niveau im RTL-Dschungel. Auf einen Versuch, neue männliche Kumpels per Tinder kennen zu lernen, habe ich nach dieser Schlappe dann generös verzichtet.

     

    *Über diesen Selbstversuch wurde meine Freundin rechtzeitig informiert. Weder Tiere, noch Gefühle kamen dabei zu Schaden. Paartherapeuten oder Scheidungsanwälte wurden nicht behelligt.

  • DSLR-Videos: Hollywood für alle

    Alter, was ist das denn für ein Riesending? Darf ich da mal ein Foto von machen? Ein Kumpel von mir findet das sicher auch interessant!

    Diese wohlwollenden Worte über mein bestes Stück habe ich neulich auf einer Abendveranstaltung zu hören bekommen. Ich war geschmeichelt und weil ich aus dem Gesicht des Mannes ehrlich anerkennende Begeisterung herauslesen konnte, ließ ich ihn machen. Er knipste drei Handyfotos von meinem Kameraaufbau und konnte es immer noch nicht fassen, was ich da grade alles an meine digitale Spiegelreflexkamera gebastelt und auf meine Schulter gehievt hatte.

    Auch wenn solch direkten Reaktionen bei Drehs eher selten sind, ernte ich doch immer wieder erstaunte Blicke, wenn ich meine DSLR zur Videokamera mache und los filme. Und das, obwohl filmen mit einer DSLR schon lange keine neumodische Verrücktheit mehr ist. Nachdem Independent-Filmer und Hobby-Videographen die Vorteile der DSLR schon etwas länger entdeckt haben, sieht man Spiegelreflexkameras mit entsprechendem Zubehör mittlerweile auch immer häufiger in den Händen von professionellen Kameraleuten und Fernsehteams.

    Und doch hat sich scheinbar noch nicht jeder mit der Idee anfreunden können, dass eine Fotokamera auch filmen kann. Diesem erstaunten Unglauben will ich folgenden Blogartikel entgegen halten, in dem ich meine Erfahrungen mit der DSLR-Filmerei festhalte.

    Hollywood-Looks für kleines Geld

    Seit etwa einem Jahr filme ich nun völlig autodidaktisch mit einer Spiegelrefelx. In der Zeit habe ich nicht nur einiges dazugelernt, sondern mir mein Hobby auch einiges kosten lassen, in dem ich kräftig in einige Zubehörteile für meine Kamera investiert habe.

    Bevor ich aber aus meiner Erfahrung aufschreibe, was man alles für einen potentiell guten DSLR-Film braucht, will ich noch kurz festhalten, was die DSLR-Filmerei in meinen Augen (und mittlerweile auch in denen des „etablierten Fernsehens“) so interessant macht:

    DSLR Rig
    Etwas übertrieben vielleicht, aber möglich: Meine DSLR mit sämtlichem Schnickschnack. (©Beatrice Treydel)

    Mit einer Spiegelreflex lassen sich Filme in HD aufzeichnen und Schärfentiefe-Effekte erzielen, die wir sonst nur aus dem Kino kennen. Dadurch lassen sich Objekte oder Personen besonders gut freistellen. Mit Camcordern geht das in der Regel nicht so gut. So einfach ist das.

    Außerdem kosten Spiegelreflexkameras oft nur einen Bruchteil dessen, was man für eine reine Filmkamera guter Qualität hinblättern müsste. Und ein weiterer Vorteil: Die Objektiv-Vielfalt der DSLR lässt sich natürlich auch für’s Filmen nutzen. Und: So eine DSLR ist erst einmal kompakter als eine komplette Schulterkamera.

    Das alles sind gute Gründe für’s Filmen mit einer DSLR. Aber wie das oft so ist: Was zuerst verblüffend naheliegend klingt, hat oft einen kleinen Haken.

    Der Haken: Die DSLR-Hersteller

    Warum filmen also nicht alle mit einer günstigeren DSLR, wenn sie doch für ein so schmales Budget so viel Hollywood bietet? Die Antwort ist einfach: Weil die Kamerahersteller da nicht mitspielen. Überlegt mal: Wer würde noch teure Camcorder kaufen, wenn die günstigeren Fotokameras das gleiche können? Genau.

    Fakt ist: Die Bildwirkung einer DSLR ist von Werk aus oft schon grandios (natürlich kommt es auch auf das benutzte Objektiv an), den Ton kannste in der Regel aber in die Tonne kloppen.

    Guter Ton ist teuer

    Und damit kommen wir schon zum ersten „ABER“, wenn wir über die Vorzüge einer DSLR sprechen. Denn Ton ist sicher der größte Knackpunkt von digitalen Spiegelreflexkameras. Die eingebauten Mikrofone und Preamps in den Kameras sind eher auf Spielzeug- als auf Profiniveau. Anders als das DSLR-eigene Problem, dass man auf Grund des Fat32-Formats der Speicherkarte nicht mehr als 4 Gigabyte und somit nur eine begrenzte Zeit aufzeichnen kann, lässt sich das Audioproblem effektiv lösen. Wer also mehr als lustige Clips mit Musikuntermalung ins Netz stellen und stattdessen anspruchsvolle Produktionen mit Interviewpartnern oder Schauspielern umsetzen will, der braucht Zubehör.

    Entweder man greift zu speziellen externen Video-Richtmikrofonen für den Blitzschuh, wie sie beispielsweise von Rode hergestellt werden. Oder man besorgt sich gleich einen externen Vorverstärker zum unter-die-Kamera-schnallen. Entscheidet man sich hierfür, benötigt man natürlich noch zusätzliche Mikrofone. Die Lösung mit dem externen Vorverstärker/Mixer hat den Vorteil, dass man flexibel verschiedene Mikrofone für verschiedene Anwendungen einsetzen kann (Kabel- oder Funkstrecke, Ansteckmikrofone, Richt- oder Reportagemikrofone etc), weshalb auch ich mich hierfür entscheiden habe.

    Tascam DR-60D
    Ich habe mich in Sachen Sound für einen Recorder von Tascam und diverse Mikros entschieden.

    Ich persönlich nutze den Vorverstärker/Mixer DR-60D von Tascam, von dem es mittlerweile auch schon diverse Weiterentwicklungen gibt. Vergleichbare Preamps gibt es zum Beispiel von den Firmen juicedLink, beachtek oder Azden.

    Interessant besonders (aber nicht nur) für das Managen eines Audiosignales ist außerdem die alternative Firmware Magic Lantern, die mittlerweile auf vielen DSLRs von Canon funktioniert und weitere Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten bietet, die der Hersteller mit seiner offiziellen Firmware nicht berücksichtigt. Genannt seien hier zum Beispiel die Anzeige des Audiopegels im Display aber auch praktische Helferlein wie das Fokus-Peaking, das ein wirklich praktisches Helferlein ist, weil man als DSLR-Filmer die Schärfe nun mal manuell ziehen muss.

    Wer sich Magic Lantern auf seine Kamera holt, sollte aber auch wissen, dass es sich um einen Firmware-Hack handelt und man so die sicheren Garantie-Pfade der Originalfirmware verlässt. Probleme hat mir dieser Hack in der Praxis allerdings noch nie gemacht.

    Zittriges Händchen

    Hat man die Tonprobleme in den Griff bekommen (und mit der entsprechenden Hardware ist mit der DSLR wirklich eine Tonqualität wie vom Profi-Filmset möglich), verfügt man eigentlich mit einer DSLR die perfekte Kamera. Eigentlich.

    Denn wie schon erwähnt: Einen Autofokus bieten DSLRS beim filmen nicht. Man muss also – anders als bei Camcordern oder Smartphones – die Schärfe beim filmen selber „ziehen“. Aus der Hand geschossen und fokussiert, verwackeln die Aufnahmen besonders bei fehlender Übung deshalb sehr schnell. Erschwerend hinzu kommt, dass DSLRs nicht bildstabilisiert sind.

    Wir brauchen also für bestimmte Shots mindestens ein Stativ, egal ob Dreibein oder Einbein. Für den Anfang kommt man da mit einfachen Fotostativen hin, natürlich gib es auch spezielle Videostative mit Videoköpfen für besonders weiche Schwenks. Je nach Lust und Laune kann man natürlich auch noch in diverse Steadicam-Systeme investieren – und spätestens da geht es ins Geld.

    Nicht billig aber eine ordentliche Alternative sind einfache Schwebestaive ohne Weste. Allerdings erfordern sie ungeheuer viel Übung beim ausbalancieren und lassen sich nicht mit unendlich viel Gewicht/Kamerazubehör belasten. Leichter in der Handhabung, aber nicht unbedingt billiger sind Camera Rigs, die die Kamera auf die Schulter bringen und so freie Schwenks, hohe Kameramobilität und einen guten Schutz vorm Verwackeln bieten.

    Ich persönlich benutze ein sehr hochwertiges und nicht grade günstiges Rig von Zacuto – günstige Alternativen gibt es aber beispielsweise auch von Walimex, Kamerar und vielen anderen Herstellern. Einfach mal auf amazon umschauen für einen ersten Einblick. Generell gilt: Verwacklungsfrei ist nur die schwer zu handhabende Steadicam, das Rig kann aber eine gute Alternative sein.

    Slider/Videoschienen oder Kamerawagen, auf denen man ruckelfreie Kamerafahrten machen kann, in dem man die DSLR wie eine Spielzeugeisenbahn über eine Schiene zieht, sind eine weitere Möglichkeit, das zittrige Händchen zu vermeiden und einen echt coolen Bildeffekt zu erzielen. Kostet natürlich auch wieder einiges extra…

    Licht

    Tageslicht ist nicht nur der Freund des Fotografen, sonder auch der des DSLR-Filmers. Wo kein Tageslicht ist oder sich kein Tageslichteinfall herstellen lässt (Rollos hoch etc.), muss eine künstliche Lichtquelle her. Ich muss gestehen: Das Thema Kunstlicht habe ich lange umgangen. Bisher habe ich meist draußen bei Tageslicht gefilmt oder in halbwegs gut beleuchteten Räumen. Bei Abendveranstaltungen mit gedämpfter Beleuchtung (Hochzeiten oder ähnliches) kommt man dann aber schnell an Grenzen und muss die ISO-Zahl brutal hochjagen, was auf die Bildqualität drückt.

    Lösen kann man das natürlich, in dem man Scheinwerfer und Softboxen benutzt, wie man sie vom Fotografen kennt. Weil DSLR-Videographen aber meist Ein-Mann-Unternehmen sind und nicht erst noch stundenlang on location Lichtsettings aufbauen können, gibt’s LED-Videoleuchten. Für die günstigsten muss man bei amazon nicht mal viel Geld ausgeben (ab rund 30 Euro). Allerdings ist es sinnvoll, sich beim Kauf gleich für eine Leuchte zu entscheiden, bei der man Lichtintensität und am besten auch gleich die Farbtemperatur einstellen kann.

    Polaroid
    Komm ins Licht! Meine LED-Videoleuchte von Polaroid.

    Ich persönlich habe mal als Erstkauf zu einer Leuchte von Polaroid für ca. 100 Euro gegriffen. Das gute an den Videoleuchten ist: Man kann sie auf ein Stativ stellen oder auf den Blitzschuh der Kamera stecken. Natürlich gibt es unzählige Alternativen von z.B. Metz, Walimex oder Manfrotto. Auch hier gilt: Die Preisskala ist nach oben offen.

    Zubehör: Sucher, Follow Focus und mehr

    Ein weiteres Problem beim filmen mit der DSLR: Man filmt über das relativ kleine Display der Kamera. Je nachdem wie die Sonne am Himmel steht, ist es dann schwer Feinheiten wie den Fokus richtig zu justieren. Die Lösung hier sind spezielle Sucherlupen oder externe, größere Monitore oder gar eine Kombination aus beidem, wie Zacuto es für stolze Preise anbietet.

    Ich persönlich habe mich in Kombination mit einem Shoulder Rig für eine Display-Lupe entschieden und komme damit recht gut klar. Wie bei allen Kategorien gilt auch hier: Gute Systeme kosten richtig gutes Geld.

    Ein weiterer Helfer, den man oft in Kombination mit DSLRs sieht, ist der so genannte Follow Focus: Ein Drehrad mit dem man die Schärfe verwacklungsfrei und gleichmäßig ziehen kann. Ich persönlich komme bisher ohne klar, was auch an der Bauart meines Rigs liegt. Über kurz oder lang werde ich mir aber wohl mal ein solches System anschaffen, weil hiermit einfach weichere Schärfefahrten und eine Markierung von Schärfepunkten, zwischen denen man dann schnell hin- und herspringen kann, möglich ist.

    Natürlich spielt die Postproduktion auch eine gewichtige Rolle beim Dreh eines DSLR-Films. Dieses Kapitel jetzt aber auch noch aufzumachen, würde den Rahmen dieses Artikels völlig sprengen. Nur so viel: Ich schneide bislang noch mit einer relativ simplen Software aus dem Hobbyanwenderbereich, nämlich mit Adobe Premiere Elements. Den Ton bearbeite ich als Radioprofi etwas routinierter und höherwertiger in Adobe Audition. Über kurz oder lang werde ich aber sicher auf Premiere Pro und After Effects für den Bildschnitt umsteigen. Alles nur eine Frage des Budgets… 😉

    Die Moral von der Geschicht‘: Billig ist das trotzdem nicht

    Zusammengefasst: Filmen mit einer DSLR ist toll, weil man schnell den Kino-Look hinbekommt. Filmen mit einer DSLR ist vergleichsweise günstig, wenn man die Anschaffungskosten mit denen einer Profikamera aus dem Fernseh-/Filmbereich vergleich. DSLRs sind aber wegen fehlender Bildstabilisierung und manuellem Fokus schwerer zu handhaben als ein Camcorder. Für das Zubehör kann man schnell ein Vielfaches des eigentlichen Kamerawertes ausgeben und muss dies auch tun, wenn man auf allen Ebenen professionelle Ergebnisse erzielen will.

    Trotzdem können ambitionierte Videoleihen (wie ich) relativ schnell sehr profesionnelle Ergebnisse erzielen. Als DSLR-Videograph ist man Kameramann, Kamera-Assistent, Licht- und Tonmann und Regisseur in Personalunion. Natürlich wird man als Einzelperson schwer die gleiche hohe Qualität abliefern können, die eine gut eingespielte Filmcrew aus Einzelspezialisten bringt. Trotzdem kann man dem „Idealergebnis“ als DSLR-Filmer schon sehr nahe kommen. Jetzt wo professionell wirkendes Bewegtbild in den Sozialen Netzwerken immer wichtiger wird, finden Videographen spannende Aufgaben.

    Es lohnt sich also, sich näher mit der DSLR-Filmerei zu befassen.